Rudolf Alexander Schröder

Rudolf Alexander Schröder (* 26.1.1878 Bremen, † 22.8.1962 Bad Wiessee) war von seiner Ausbildung her zwar Bildender Künstler (Maler und Architekt), erreichte aber eine breite Öffentlichkeit als Übersetzer und Dichter.

1899 gehörte er zu den Gründern der Zeitschrift Die Insel, aus welcher der Insel-Verlag hervorging. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurde er vor allem durch seine neoklassischen Übersetzungen (u.a. Homer, Horaz, Vergil, Molière, Racine, Shakespeare, Eliot) in den literarisch interessierten Kreisen Deutschlands bekannt. Seine Dichtungen dagegen, die er in zahlreichen Gedichtbänden herausbrachte, fanden kaum die Anerkennung der Tageskritik (Rilke nannte sie »ausweichend, durchscheinend, dünngehämmmert«), und selbst sein enger Freund Hugo von Hofmannsthal fand keinen Zugang zu seinen Werken. Im Ersten Weltkrieg steigerte er sich sogar in nationales Pathos und Kriegsverherrlichung hinein. Nach dem Kriege geriet Schörders literarische Produktion, die er zuvor selbst scherzhaft non multum sed multa apostrophiert hatte, zunächst ins Stocken. Während sich Schröders Freunde und Mitherausgeber Hofmannsthal und Borchardt elitär-humanistischen Kulturkonzepten zuwandten, fand Schröder den Zugang zum Protestantismus.

Es entstanden nun wieder umfangreiche Gedichtzyklen, z.B. Der Pilgrim, Das Wunder, Mitte des Lebens - zentral aber sind sein Essay Dichtung und Dichter der Kirche (1936) und der Band Ein Lobgesang (1937).

Diese Haltung führte nach 1945 zur großen Anerkennung Schröders als Dichter. So wurde er 1950 von Bundespräsident Heuss aufgefordert, den Text für eine neue Nationalhymne zu dichten, der dann allerdings Adenauer mit seiner handstreichartigen Einführung der dritten Strophe des Deutschlandliedes zuvorkam. In seinem Text stellte Schröder der Trias Einigkeit und Recht und Freiheit jene von Glaube, Hoffnung, Liebe entgegen.

Seine frühe Distanz zum Nationalsozialismus, seine Nähe zur Bekennenden Kirche (Schröder siedelte nach Bayern über, engagierte sich in Gemeinde und Kirche und ließ sich zum Lektor, d.h. Laienprediger ordinieren) hatten ihn in jenen Arbeitskreis geführt, der an der weiteren Revision der Lutherbibel (Textfassung von 1912) arbeitete. Etwa seit 1940 war Richard Gölz Vorsitzender dieser Bibeltextkonferenz und lud regelmäßig zu Sitzungen in sein Wankheimer Pfarrhaus ein. Spätestens 1946 lernten sich dort auch Schröder und Buchholz kennen.

So nimmt es nicht Wunder, dass Friedrich Buchholz, der ab 1946 mit der grundlegenden Neubearbeitung des Alpirsbacher Antiphonale begann, sich wegen der Übersetzungen der altkirchlichen Hymnen, die er in den 1930er Jahren mehr schlecht als recht noch selbst besorgt hatte, an den ausgewiesenen Übersetzer und Kirchenlieddichter Schröder wandte. Die Fragmente des Briefwechsels Schröders mit Buchholz belegen, dass Schröder die Übersetzungen aller 44 Hymnen, die Buchholz für das Alpirsbacher Antiphonale benutzen wollte, in relativ kurzer Zeit um 1950 herum besorgte, obwohl Buchholz sie erst im Laufe der nächsten 15 Jahre einsetzen sollte.

Schröders Hymnenübersetzungen zeichnen sich durch ihre an der klassischen Antike geschulte Formsicherheit und ihr an der reformatorischen Sprache geschultes Deutsch aus. Somit sind sie, obwohl einer breiteren Öffentlichkeit völlig unbekannt, perfekter Ausdruck seiner viel gelobten Kunst, eine »Einheit von klassischer Dichtung und christlichem Ethos« (Kindlers Neues Literaturlexikon) herbeizuführen.

Thomas Bergholz