Herbstwoche 2014 in Heidelberg, Stift Neuburg

Die Kirchliche Arbeit Alpirsbach bot uns Studenten der Heidelberger Universität die Möglichkeit im Rahmen der von ihr angebotenen „Herbstwoche“ vom 06. bis 10. Oktober 2014 einen lebendigen Einblick ihrer Arbeit zu gewinnen.
Schon beim Blick auf die Zahlenverhältnisse, 14 Alpirsbachern standen 29 Studenten gegenüber, konnte das Jungvolk natürlich nicht in der Rolle des passiven Zuhörers verharren, so dass bereits nach einem Nachmittag, an dem unsere Gruppe das benediktinische Klostergelände Neuburg erkundigte, sich untereinander vorstellte und nach einer Einführung in gregorianischen Gesang ab dem Folgetag bereits alle fünf täglichen Stundengebete von der gesamten Gruppe durchgeführt werden mussten. Insgesamt wurden in fünf Tagen 17 Stundengebete und eine abschließende Messe gesungen.
Nachdem das Zusammenspiel von Veteranen und Novizen harmonisch und schnell erreicht wurde und die der Gregorianik noch Untervertrauten sich an die bisher noch nicht betretenen Klangräume gewöhnt haben, konnten weitere alpirsbachschen Elemente eingebaut werden: zwei Scholen im Chorstuhl, die Statio vor dem Einzug inklusive der gegenseitigen Verneigung, die Übernahme von solistischen Sangespassagen und die wiederholte Übernahme der Schriftrezitationen von mehreren Studenten. Es war sehr schön, dass der Kontakt von Alpirsbachern und Studenten auch in den mittäglichen freiten Zeiten öfters zustande kommen konnte. Zum Beispiel bot Prof. Conrad den Studenten einmal eine Stadtführung mit Besuch im Studentenkarzer an und ein anderes Mal einen Abstecher in das Kurpfälzische Museum inklusive sachkundiger dortiger Führung, während Dr. Bergholz die studentischen Solisten auf ihre Aufgabe vorbereitete.
Um die Gemeinschaft auch und gerade bei den Mahlzeiten pflegen zu können ermöglichten es die Alpirsbacher uns Studenten zu einem marktverzerrenden Preis mit ihnen gemeinsam zu essen. Insgesamt aßen wir zwölf Mal in großer Runde und bei gutem Essen in dem Gasthaus des Klostergeländes und hatte dort wahrscheinlich die meiste Zeit dafür, in Austausch und Gespräch Kontakte zu knüpfen.
Sechs Mal wurde auch mit Studium incipitur begonnen und mit Deo gratias beendet, was den Teilnehmern Vorträge einer beachtlichen thematischen Breite bot. So trug Kirchenmusikdirektor Prof. Gero Soergel eine ebenso ansprechende wie anspruchsvolle Darlegung über die musiktheoretischen Grundlagen gregorianischer Tonalität unter Einbeziehung verschiedener Feinheiten der Neumennotation vor. Zur Geschichte der Gregorianik fanden nicht weniger als vier Vorträge statt: von den Ursprüngen (Prof. Dr. Christian Möller) bis zur Reformation (Pfarrer Dr. Thomas Bergholz), schließlich die Wiederaufnahme der Gregorianik in den letzten zwei Jahrhunderten (beide von Prof. Dr. Joachim Conrad), wobei der zweite Vortrag Prof. Conrads insbesondere die Glaubensbewährung der KAA während des Nationalsozialismus herausstellte. Ganz besonders hervorzuheben ist es auch, dass der Abt des Kloster Neuburg, Abt Franziscus Freiherr Heereman von Zuydtwyck, nicht nur den sechsten Vortrag dieser Reihe hielt, sondern ebenso die Predigt des Höhepunktes der diesjährigen Herbstwoche übernahm, des freitäglichen Abschlussgottesdienstes.
Bleibend wird hoffentlich, neben dem Nutzen des Feinschliffes der Alpirsbacher Antiphonalbücher unter Realbedingungen, auch die subkutane Wirkung innerhalb der Studentenschaft sein. Im FHSZ-Studentenwohnheim, in dem mehrere der teilnehmenden Studenten wohnen, wurden bereits mehrere Stundengebete, auch unter Hinzuziehung von neuen Begeisterungsfähigen, abgehalten und im größeren Kreis gibt es die Überlegung sich mit Prof. Möller regelmäßig zu diesem Zweck zu treffen. Abwarten muss man hingegen, ob es sich im universitären Betrieb durchsetzen wird die Vorlesungen mit Studium incipitur zu eröffnen.
Wilhelm Köhler

Zwei Herzen schlugen in meiner Brust. Oder wie Gregor der Große es vielleicht ausgedrückt hätte: Die Alpirsbacher Woche war geprägt von der vita activa und der vita contemplativa.
Für mich hatte das Semester noch gar nicht so recht begonnen und schon war ich Teil eines Blockseminars unter der Federführung von Prof. Dr. Möller. Ohne zu ahnen, welche Fülle von Eindrücken auf mich zukommen würde, startete die Veranstaltung mit einer ersten Begehung der Klosteranlage. Schnell begann ich mich daran zu erfreuen die kommenden Tage an einem solchen Ort der Ruhe und des Gebetes aufzuhalten. Für mich war dies eine große Hilfestellung auf dem Wege mein eigenes Leben durch Gebet und nicht durch Arbeit oder Aufgaben zu strukturieren. Schon einen Monat vorher hatte ich angefangen das Tageszeitengebet für mich zu beten. Somit war es ein in Erfüllung gehender Traum mit so vielen anderen Menschen (fast) aller Altersstufen gemeinsam die nächsten fünf Tage durch Gebetszeiten gegliedert zu bekommen und dadurch eine ganz andere Art von Frömmigkeit und Gottesnähe erfahren zu können.
Folglich war die vita contemplativa durch die fünf täglichen Gebetszeiten reichlich gefüllt. Mit ersten Anlaufschwierigkeiten ging es nach dem zweiten Tag auch schon viel besser und ich begann langsam das liturgische Gebet auch zu meinem persönlichen Gebet werden zu lassen. Dennoch fiel es mir des öfteren sehr schwer über die Form von Musik und mir unbekannten Texten hinweg direkt zum Inhalt der Gebete durchzudringen. In imposanter Art und Weise versuchte Prof. Soergel diese Tiefe der Gebete und Vertonungen nahe bringen. Doch fiel es vielen anderen und mir schwer dies in der Tiefe wirklich so nachvollziehen zu können.
Trotz alledem ist die vita contemplativa mir so eindrücklich im Gedächtnis geblieben, dass ich auch weiterhin das Tageszeitengebet übe und eine Complet hoffentlich auch bald mit der Studentengemeinde in der Peterskirche feiern kann.
Neben der vita contemplative hatten wir jedoch auch ein großen Teil vita activa. Von beidem, den täglich zwei Mal eineinhalb Stunden Chorproben und dem gleichgroßen Anteil an Studium, war ich sehr begeistert. Die Chorproben forderten in der Kürze und Intensität alles ab, was sich auch mit den Tagen in einem sehr schönen Gesang widerspiegelte. Ebenso bekamen viele von uns die Möglichkeit sich in Rezitationen oder als Solisten auszuprobieren. So übernahm ich eine Lesung und konnte unter der Anleitung von den Chorleitern lernen, wie ein Text richtig vorzutragen ist. Parallel zum praktischen Erlernen stand auch das kognitive Lernen, was sich durch sehr fein ausgearbeitete Vorträge auszeichnete. Für mich erweitere sich das Verständnis von Liturgie noch einmal um Längen und ich hatte gleich wieder Lust bekommen eine solche Woche (z.B. im Kloster) zu besuchen. Gestützt wurde dieses Empfinden auch von der sehr guten Gemeinschaft, die wir genießen konnten. Schnell wuchsen wir Studenten mit den Alpirsbachern zusammen. Die gemeinsamen Mahlzeiten bei reichhaltigem Buffet waren dabei natürlich nicht kontraproduktiv. Auch die angebotenen Stadt- und Museumsführungen von Prof. Dr. Conrad ließen einen engeren Kontakt mit guten Gesprächen entstehen. Im Besonderen waren die fünf Tage auch durch eine vita activa geprägt, da ich schon um kurz nach Sechs aus dem Haus musste und erst abends um 21:30 Uhr wieder zurück kam.
Letztendlich bin ich sehr froh dieses Blockseminar besucht zu haben. Es war ein durch und durch praktisches Erleben von Gottesfurcht und gregorianischer Spiritualität. Eine Art von Erlernen und Erleben, das durch keine Bücher sich erschließbar ist.
Johannes Karker